Einen radikalen Umbau der Tierhaltung in Deutschland hält der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik beim Bundeslandwirtschaftsministerium für erforderlich. In seinem knapp 400 Seiten starken Gutachten Wege zu einer akzeptieren Nutztierhaltung, das der Beiratsvorsitzende Prof. Harald Grethe heute Ressortchef Christian Schmidt übergeben wird, bezeichnen die Wissenschaftler die derzeitigen Haltungsbedingungen als nicht zukunftsfähig.
Die Mehrkosten für die notwendigen Anpassungen, die teilweise über einen längeren Zeitraum notwendig seien, veranschlagen die Wissenschaftler auf 13 % bis 23 % jährlich. Dies entspricht einer Summe von 3 Mrd Euro bis 5 Mrd Euro. Ohne politische Begleitmaßnahmen würde eine solche Kostensteigerung zur Abwanderung von Teilen der Produktion in Länder mit geringen Tierschutzstandards führen, heißt es in dem Gutachten.
Der Beirat mahnt gemeinsame Anstrengungen von Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft an. Gefordert werden staatliche Politikmaßnahmen wie eindeutigere und zusätzliche gesetzliche Mindeststandards, ein mehrstufiges staatliches Tierschutzlabel, Prämien und Kompensationszahlungen im Rahmen der Ersten und Zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) sowie privatwirtschaftliche Maßnahmen wie die Brancheninitiative Tierwohl und Selbstbeschränkungsabkommen.
Für nicht zielführend halten die Wissenschaftler eine Fokussierung der gesellschaftlichen Diskussion auf die Rolle der Betriebsgröße. Sie weisen darauf hin, dass die Betriebsgröße gegenüber anderen Einflussfaktoren wie der Managementqualität nur einen geringen Einfluss auf das Tierwohl habe. Gleichzeitig hält der Beirat jedoch regionale Bestandsobergrenzen für unausweichlich, sollte es nicht gelingen, über eine Verschärfung des Düngerechts die negativen Umwelteffekte in viehdichten Gebieten in den Griff zu bekommen. AgE
(27.03.2015)