Eine Sondersteuer auf Pflanzenschutzmittel würde die Agrarproduktion in Deutschland verteuern, den Strukturwandel beschleunigen und dennoch kaum ökonomische Anreize zur Senkung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes setzen. So lautet das vorläufige Fazit von Prof. Oliver Mußhoff, der im Auftrag vom Industrieverband Agrar (IVA) eine Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) zur Einführung einer Abgabe auf Pflanzenschutzmittel in Deutschland einer wissenschaftlichen Bewertung unterzogen hat.
Mußhoff sieht die wissenschaftliche Qualität der Studie kritisch und monierte heute in Berlin eine Vielzahl an inhaltlichen Unzulänglichkeiten. Dies beginne bei der Behauptung, dass der Einsatz an Pflanzenschutzmitteln in rund 20 Jahren um 36 % gestiegen sei. Tatsächlich basiere diese Berechnung auf der willkürlichen Wahl des Referenzjahres 1993, das ein Ausnahmejahr mit sehr niedrigem Verbrauch gewesen sei.
Der Göttinger Agrarökonom kritisiert auch die Unterstellung der UFZ-Autoren, dass Landwirte ein Zehntel der Pflanzenschutzmittel zu viel und damit grundlos ausbrächten. Mußhoff wirft den Verfassern in diesem Zusammenhang vor, fälschlicherweise davon auszugehen, dass die eingesetzten Mengen von Pflanzenschutzmitteln nahezu beliebig gesenkt werden köntnen. Dabei werde aber verkannt dass die Aufwandmengen bestimmte Schwellenwerte nicht unterschreiten dürften, ohne dass die Wirksamkeit leide.
Im Falle einer von den UFZ-Forschern angeregten Pflanzenschutzsteuer erwartet Mußhoff zwangsläufig eine Verteuerung der Produktion. Dies würde die Gewinne in Hochertragsregionen schmälern, aber nicht zur Senkung des Mitteleinsatzes führen. Auf Standorten mit schwachen Böden und geringen Niederschlägen könnten dagegen Agrarflächen brachfallen, da sie nicht mehr rentabel zu bewirtschaften wären. Möglich sei auch die Aufgabe ganzer Betriebe, warnt der Agrarökonom. Zudem seien Fruchtfolgeverschiebungen zugunsten pflanzenschutzextensiver Pflanzen wie Mais und Produktionsverlagerungen ins Ausland absehbar. AgE
(20.01.2017)