Die Bundesregierung ist mit ihrem Vorhaben, bei der Ferkelastration die Isoflurannarkose durch Landwirte oder andere sachkundige Personen möglich zu machen, einen weiteren Schritt vorangekommen. In der Nacht zum heutigen Freitag stimmte der Bundestag mit Koalitionsmehrheit für die Ferkelbetäubungssachkundeverordnung, die im Kern eine Aufhebung des Tierarztvorbehalts bei der Vollnarkose während der Kastration zum Inhalt hat. Aus wirtschaftlichen und logistischen Gründen sei die Narkose mit Isofluran für die Mehrheit der Betriebe nur möglich, wenn sie vom Landwirt selbst durchgeführt werde, denn es stünden für eine flächendeckende Anwendung nicht genügend Tierärzte zur Verfügung, heißt es in der Begründung.
Auf Empfehlung des Ernährungsausschusses beschloss der Bundestag eine Änderung gegenüber dem Regierungsentwurf. Diese betrifft ältere Narkosegeräte, die schon in Betrieb sind und die nach dem Willen von SPD und CDU/CSU auch weiter genutzt werden dürfen. Voraussetzung dafür ist, dass "die sachkundige Person die Anzahl und Anwendungen des Narkosegerätes sowie das Datum der jeweiligen Anwendungen schriftlich oder elektronisch aufzeichnet", was bei neuen Geräten automatisch erfolgt. Von diesem Bestandsschutz dürften vor allem Neuland-Betriebe profitieren, da sie bereits jetzt die Isoflurannarkose anwenden.
Die Verordnung soll in der zweiten Jahreshälfte 2019 in Kraft treten, bedarf aber noch der Zustimmung des Bundesrates. Für die Kastration mit der Isoflurannarkose ist der Vorlage zufolge ein Sachkundenachweis vonnöten. Voraussetzungen dafür sind unter anderem die Vollendung des 18. Lebensjahres, eine Fachausbildung oder ein einschlägiges Studium oder eine mindestens zweijährige berufliche Erfahrung im Umgang mit Ferkeln. Für den Nachweis müssen ein theoretischer Lehrgang und eine Praxisphase unter Anleitung eines fachkundigen Tierarztes absolviert werden. Die gewonnenen theoretischen Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten müssen durch Prüfungen nachgewiesen werden.
Unionsagrarsprecher Albert Stegemann sprach von einem wichtigen Schritt auf dem Weg zum Ausstieg aus der betäubungslosen Ferkelkastration. Der Sachkundenachweis und die damit verbundene Ausnahme vom Tierarztvorbehalt bei der Isoflurannarkose stärkten die heimischen Sauenhalter und stellten ihnen eine weitere praxistaugliche Alternative zur Verfügung. Denn wir wollen, dass die Ferkelerzeugung in Deutschland eine Zukunft hat und die Verbraucher auch künftig Schweinefleisch aus heimischer Produktion genießen können, betonte Stegemann. Das sei für die Union neben dem Tierwohl ein entscheidendes Anliegen. Zur Sicherstellung des Anwenderschutzes würden die Anschaffung geprüfter Narkosetechnik sowie umfangreiche Schulungs- und Aufklärungsmaßnahmen gefördert. AgE
(29.06.2019)