Wer wird Amtsnachfolger des scheidenden EU-Agrarkommissars Janusz Wojciechowski? Diese Frage stellen sich momentan viele in der europäischen Agrarbranche. Einen sicheren Tipp hat momentan kaum jemand. Als wahrscheinlich gilt, dass der oder die Kandidatin aus der Europäischen Volkspartei (EVP) kommen wird. Zumindest darin sind sich die meisten Beobachter des Brüsseler Parketts einig. In den letzten Monaten hat die Partei bereits entsprechend Druck auf Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gemacht.
Als mögliche Kandidaten mit EVP-Parteibuch werden vor allem Personen aus Mitgliedstaaten genannt, die offiziell noch keine Kommissarsanwärter nominiert haben. Hierzu zählen unter anderem Luxemburg und Portugal. Wie ein Sprecher der Kommission gegenüber AGRA Europe erklärte, haben die Regierungen hierfür noch bis Ende August Zeit. Erst dann werde die Kommissionspräsidentin offiziell entscheiden, welche Kandidaten für welche Portfolios vorgeschlagen würden. Bevor die neue Kommission ihr Amt offiziell antreten kann, wird das Europaparlament die Kommissare in den jeweiligen Fachausschüssen anhören und danach über die Bestätigung des gesamten Kollegiums entscheiden.
Hansen bleibt im Gespräch
Hoch gehandelt wird nach wie vor der vormalige Europaabgeordnete Christophe Hansen aus Luxemburg. Seine Nominierung durch die Regierung könnte aber noch scheitern. So ist zu hören, dass stattdessen der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten für das Amt des Kommissionspräsidenten und aktuelle EU-Arbeitskommissar Nicolas Schmit erneut nach Brüssel geschickt werden könnte.
Als möglicher Nachfolger Wojciechowskis ist auch der bis 2023 amtierende Landwirtschaftsminister Zyperns, Costas Kadis, im Gespräch. Er wurde am Montag (19.8.) von der Regierung in Nikosia offiziell nominiert. Aufgrund seines Hintergrunds als promovierter Biologe und Biodiversitätsforscher stößt er zumindest in einigen Brüsseler Agrarkreisen aber auf Ablehnung.
José Manual Fernandes, in Portugal seit April Landwirtschaftsminister der neuen konservativen Regierung, ist ein weiterer oft genannter Name. Vor allem vonseiten der Bauernverbände wird er gerne ins Spiel gebracht. Allerdings hat Portugal noch keinen Kandidaten offiziell nach Brüssel übermittelt.
Italien aus dem Rennen?
Für Überraschung sorgte auch die Nominierung des aktuellen EU-Klimakommissars aus den Niederlanden, Wopke Hoekstra. Obwohl die Partei des Christdemokraten (CDA) nicht Teil der Regierungskoalition ist, hatte der parteilose Ministerpräsident Dick Schoof den ehemaligen Außenminister bereits Ende Juli offiziell nominiert. Auch er wird zumindest in einzelnen Medien als möglicher neuer Agrarkommissar in Betracht gezogen.
Zunächst war in Brüssel immer wieder zu vernehmen, dass auch Italien besonderes Interesse an der Besetzung des Postens des Agrarkommissars haben soll. Zuletzt scheint dieses Interesse aber etwas abgeflaut zu sein. Zwar gibt es noch keinen offiziellen Kandidaten. In Italien wird aber berichtet, dass der ehemalige Europaabgeordnete und aktuelle Minister für Europäische Angelegenheiten, Raffaele Fitto, nominiert werden könnte. Offenbar wünscht sich Rom aber ein Portfolio im Finanzbereich. Bisher stammten die meisten EU-Agrarkommissare überwiegend aus kleineren Mitgliedstaaten. Ob diese Tradition beibehalten wird, bleibt abzuwarten. AgE
(21.08.2024)