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Die Gesamtmenge soll knapp durchschnittlich ausfallen.
Mehr als eine auch dieses Jahr wieder nur maximal durchschnittliche Getreideernte hat das Wetter nicht zugelassen. Auch die Pressekonferenz des Deutschen Bauernverbandes (DBV) am Montag (1.7.) zur Ernteprognose 2024 war vom Wetter geprägt: Kurz vor dem Termin auf dem landwirtschaftlichen Betrieb von Matthias Mehl im nördlichen Frankfurter Stadtteil Nieder-Erlenbach regnete es, währenddessen kam die Sonne heraus. "Die Witterungsbedingungen stellen uns Landwirte in diesem Jahr vor große Herausforderungen", so das Fazit von DBV-Präsident Joachim Rukwied. "Wir erwarten eine knapp durchschnittliche Ernte mit heterogenen Erträgen."
Konkret veranschlagt der Bauernverband die diesjährige Getreideernte auf knapp 42 Mio. Tonnen, im Vorjahr waren es 42,2 Mio. Tonnen gewesen. Die Getreideanbaufläche liegt laut DBV 2024 bei nur 5,98 Mio. Hektar und ist damit etwas verkleinert worden. Die Erntevorhersage des Bauernverbandes deckt sich mit der jüngsten des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV), der mit 42,0 Mio. Tonnen rechnet.
Spürbar ausgedehnt wurde das mit Sommergetreide bestellte Areal. Die Anbaufläche von Sommerweizen ist laut Bauernverband auf voraussichtlich 99.600 Hektar mehr als verdreifacht worden. Die Aussaat von Sommergerste ist um 13% auf 363.300 Hektar ausgeweitet worden. Beides ist dem DBV zufolge auf die seit Herbst anhaltenden häufigen Niederschläge zurückzuführen, die vielerorts die Aussaat von Wintergetreide verhindert habe. Teilweise seien Nach- und Neusaaten erforderlich gewesen.
Die mit Winterweizen, der wichtigsten Kultur, bestellte Fläche ist den Verbandsangaben zufolge gegenüber dem Vorjahr um 8% auf knapp 2,6 Mio. Hektar verkleinert worden. Die Wintergerste ist auf etwas mehr als 1,3 Mio. Hektar ausgesät worden. Winterraps steht auf 1,1 Millionen Hektar, das sind laut DBV fast 6% weniger als 2023.
Nach den Worten des DBV-Präsidenten ist die Entwicklung, was die Getreideerzeugung angeht, in den übrigen Mitgliedstaaten ähnlich wie in Deutschland verlaufen. Die globale Versorgungslage bleibe daher knapp, ohne dass die Preise stabilisiert würden. Bei Getreide und Raps sei der Preisdruck belastend, so Rukwied. Die Erzeugerpreise seien "deutlich zu niedrig", die Kosten für Dünger, Betriebs- oder Pflanzenschutzmittel hingegen nach wie vor "hoch". Der frisch wiedergewählte Bauernpräsident beklagte zudem die "hohe Volatilität der Preise am Markt".
Betriebe brauchen Risikorücklagen
An die Bundesregierung richtete Rukwied drei Forderungen: Die Landwirte bräuchten die Möglichkeit, Risikorücklagen zu bilden, um Ertragsschwankungen besser absichern zu können. Zweitens verlangte er eine Neuausrichtung der Agrarpolitik. Die Landwirte müssten einen Werkzeugkasten erhalten, in dem verschiedene Wirkstoffe ebenso wie neue Züchtungen ihren Platz fänden.
Als drittes Thema sprach er den EU-Beitritt der Ukraine an. Der DBV sei uneingeschränkt solidarisch mit der Ukraine, betonte der DBV-Präsident. Die Aufnahme von Beitrittsgesprächen sei notwendig, aber die Bedürfnisse der Landwirtschaft müssten berücksichtigt werden. Die Landwirtschaft der Ukraine sei geprägt von großen, teils im Besitz von Investoren befindlichen Unternehmen mit Flächen bis zu 500.000 Hektar. Deren Integration in die jetzige europäische Agrarpolitik würde dazu führen, dass hiesige, familienbasierte Betriebe keine Zukunft mehr hätten.
Rukwied kritisierte außerdem Bundeskanzler Olaf Scholz. Wenn dieser von 15 Euro Mindestlohn träume, sei das "ein Faustschlag ins Gesicht" für Betriebe, die vorwiegend Sonderkulturen wie Erdbeeren oder Spargel anbauten.
Hausschweine vor der ASP schützen
Der Präsident des Hessischen Bauernverbandes, Karsten Schmal, bekräftigte Rukwieds Ausführungen. "Es hat genug, manchmal auch zu viel geregnet", so Schmal zur Situation in Hessen. Starkregen habe teilweise zu Staunässe geführt, weshalb der Kartoffelanbau schwierig sei. Bei Erdbeeren gebe es vermehrt Fäulnis. Das Grünland sehe oft gut aus, aber beispielsweise in Mittelhessen hätten viele Betriebe den ersten Schnitt noch nicht gemacht. Die Heugewinnung sei schwierig. Winter- und Sommergerste hätten in Hessen leicht zu-, Winterweizen hingegen abgenommen.
Schmal verwies auch auf den Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Südhessen, der Sorge bereite. Zwar sei schnell reagiert und das betroffene Areal eingezäunt worden; dennoch gelte es nun, den Hausschweinbestand zu schützen.
Schließlich berichtete noch Mehl von der Lage auf seinem Betrieb. Er baut Zuckerrüben, Getreide und Körnerleguminosen an. Vergangene Woche habe die Ernte des Wintergetreides und auch die Saatgutreinigung begonnen. Zwar stehe das Getreide optisch gut da, aber hohe Feuchtigkeit und mangelnde Sonne hätten dazu geführt, dass die Körner zu klein geblieben seien. Das Hektolitergewicht sei unterdurchschnittlich. Mehl schätzt die Erträge auf bis zu 10% unter dem Vorjahr. Dem Mais fehle die Wärme. Und bei den Zuckerrüben komme es nun darauf an, dass im Juli und August genug Sonne scheine, um einen hohen Zuckergehalt zu erzeugen. AgE
(02.07.2024)