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Der Deutsche Bauernverband (DBV) und der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) haben den Vorstoß des Bundeslandwirtschaftsministeriums zur nationalen Umsetzung des Artikels 148 der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) kritisiert. Dass Ressortchef Cem Özdemir sein Engagement mit Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) in Verbindung bringt, wollen beide Verbände nicht stehen lassen.
DBV-Vizepräsident Dr. Holger Hennies, zugleich Mitglied der ZKL, stellte klar, dass die ZKL die nationale Anwendung des Artikels 148 GMO "explizit ausgeschlossen" habe. DBV-Milchpräsident Karsten Schmal warnte, dass eine Anwendung des 148ers die Milcherzeuger nicht stärken, sondern im Gegenteil zu niedrigen Erzeugerpreisen führen würde.
DRV-Hauptgeschäftsführer Jörg Migende erinnerte an eine im Oktober veröffentlichte Studie des ife Instituts für Ernährung und Ernährungswirtschaft Kiel und der Fachhochschule Kiel, wonach die nationale Umsetzung des Artikels 148 GMO die gesamte Wertschöpfungskette Milch und insbesondere die Erzeuger schwächen würde.
Migende machte deutlich, dass die Wirkungen der globalen Marktkräfte nicht ausgeschaltet werden könnten. Die deutsche Milchwirtschaft bewege sich in offenen Märkten mit gewachsenen Einflüssen globaler Angebots- und Nachfrageentwicklungen. Nationale Vorgaben für die Lieferbeziehungen zwischen Milcherzeugern und Molkereien würden nicht dazu beitragen, Milchpreise nachhaltig positiv zu beeinflussen. Im Ergebnis würden damit die heimischen Milcherzeuger zum Verlierer und der Strukturwandel beschleunige sich.
Über die Aussage Özdemirs, die ZKL habe die Anwendung des Artikels 148 GMO empfohlen, zeigte sich der DRV-Hauptgeschäftsführer regelrecht verärgert. Im Abschlussbericht der ZKL gebe es keine solche Empfehlung zur Milchmarktorganisation, weil die ZKL in diesem Punkt keine Einigung erzielt habe.
"Richtungsweisender Anfang"
Positiv reagiert umgekehrt der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) auf den Vorstoß von Özdemir. Die nationale Umsetzung des Artikels 148 GMO sei ein "längst überfälliger erster Schritt hin zu einem stärker marktwirtschaftlichen Verhalten im Milchmarkt", hob der BDM-Vorsitzende Karsten Hansen hervor. Zudem könne damit dazu beigetragen werden, die Marktstellung der Milcherzeuger gegenüber den Abnehmern deutlich zu verbessern.
Im Übrigen hätten sich die Mitglieder der ZKL einstimmig dafür ausgesprochen, den Abschluss von vertraglichen Vereinbarungen vor der Lieferung der Agrarprodukte verbindlich vorzugeben, hieß es beim BDM.
Bei der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) wertet man den Verordnungsentwurf als "richtungsweisenden Anfang für notwendige politische Rahmenbedingungen". Bislang sei die Landwirtschaft der einzige Wirtschaftsbereich, in dem der Produzent nicht wisse, wieviel Geld er am Ende für sein Produkt bekomme. Nun müsse die Politik den Verordnungsentwurf wirksam ausgestalten und umsetzen.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium hatte seinen Verordnungsentwurf zur nationalen Anwendung von Artikel 148 GMO am Dienstag in die Länder- und Verbändeanhörung gegeben. Dabei berief sich Özdemir auf eine Empfehlung der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL). Die spricht sich in ihrem zweiten Bericht zwar dafür aus, verbindliche Lieferverträge mit konkreten Angaben über Menge, Qualität, Preis und Laufzeit des Vertrages umzusetzen, betont aber zugleich, dass bei Genossenschaften die Satzungsautonomie "unbedingt zu beachten" sei. AgE
(05.12.2024)