Volksinitiative in der Schweiz

Verzicht auf chemischen Pflanzenschutz bringt Gesundheits- und Hygienerisiken

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Der Verzicht auf den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel führt zu einer Verringerung der Lebensmittelproduktion, zu höheren Produktionskosten sowie zu höheren Gesundheits- und Hygienerisiken. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität St. Gallen, im Rahmen derer die Folgen einer Umsetzung der Volksinitiative "Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide" untersucht wurden. Diese sieht vor, den Einsatz von synthetischen Pflanzenschutzmitteln und Bioziden im Inland wie auch für importierte Lebensmittel zu verbieten. Dies würde der Analyse zufolge enormen Druck auf den Agrar- und Lebensmittelsektor ausüben, berichtete der Schweizer Bauernverband (SBV) gestern in Brugg. Die Studie wurde unter anderem in seinem sowie dem Auftrag der Föderation der Schweizerischen Nahrungsmittel-Industrien und der IG Zukunft Pflanzenschutz angefertigt.
Was die landwirtschaftliche Produktion anbelangt, so zeigt die Untersuchung nach Angaben des SBV, dass bei Annahme der Initiative sowohl die pflanzliche als auch die tierische Produktion sinken würden, da die Ökobetriebe einen höheren Grasanteil haben und 30 % weniger Tiere pro Hektare halten. Da die Erträge im Ökolandbau tiefer lägen, würde es zu einem Rückgang des Brutto-Selbstversorgungsgrades von heute 60 % auf nur noch 42 % kommen. Zu erwarten wären außerdem große Veränderungen im Produktsortiment. Das regionale Angebot an Zucker, Obst, Gemüse, Kartoffeln und Fleisch, insbesondere Schweine- und Geflügelfleisch, würde drastisch reduziert oder ganz wegfallen.
Während sich die öffentliche und politische Debatte auf die Pflanzenschutzmittel fokussiere, belege die Studie, dass die Biozide im Lebensmittelverarbeitungsprozess eine ebenso wichtige Rolle spielten, stellte der SBV fest. Diese Mittel seien kaum durch nichtsynthetische Produkte ersetzbar. Die Initiative gefährde deshalb die Sicherheit und Qualität der Lebensmittel, insbesondere bei sensiblen Produkten wie Fleisch. Vor allem Desinfektionsmittel spielten für die Hygiene eine zentrale Rolle. Somit wäre die gesamte Wertschöpfungskette Fleisch sehr stark von der Initiative betroffen, denn es wäre kaum mehr möglich unter Einhaltung der geltenden Hygienestandards Tiere zu schlachten und Fleisch zu verarbeiten. Die Lagerung von Lebensmitteln und Rohstoffen wäre ebenfalls stark betroffen; es käme zu einer Zunahme der Verluste.
Der Verband gibt schließlich auch zu bedenken, dass die Importbeschränkungen der Initiative mit den internationalen Abkommen kaum vereinbar seien. Um den Bedarf der Schweizer Nahrungsmittelindustrie zu decken, würden bei einer vollen Umsetzung der Initiative 21 % der weltweiten Biokaffeeproduktion und 50 % der globalen Biokakaoproduktion benötigt. Die Lebensmittelhersteller in der Schweiz dürften sich dazu veranlasst sehen, ihre Produktion ins Ausland zu verlagern. Da der private Einkauf im Ausland nicht eingeschränkt würde, würde dieses für die Schweiz schädliche Phänomen zusätzlich angeheizt. AgE (14.10.2020)
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