Angesichts zwangsläufig steigender Anforderungen an die deutschen Stromnetze hat der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, vor Grundsatzdebatten bei der Energiewende und beim Trassenausbau gewarnt. Auf der 5. Handelsblatt Jahrestagung Erneuerbare Energien erklärte Homann heute in Berlin, die Umstellung der deutschen Energieversorgung auf regenerative Quellen sei inzwischen eine allgemein akzeptierte Tatsache; trotzdem komme es bei der Umsetzung des dafür notwendigen Ausbaus der Stromtrassen immer wieder zu grundsätzlichen Diskussionen. Dabei werde meist ausgeblendet, dass Strom in dem Moment verbraucht werden müsse, in dem er entstehe. Für die Integration der erneuerbaren Energien reiche die vorhandene Infrastruktur jedoch absehbar nicht mehr aus, weshalb am weiteren Ausbau der Übertragungsnetze kein Weg verbeiführe.
Insbesondere der Regionalpolitik warf Homann in diesem Zusammenhang fehlende Unterstützung vor. Zwar bestehe auch hier Konsens über die Notwendigkeit des Leitungsbaus. Bei konkreten Teilprojekten vor Ort werde man aber schnell mit Ablehnung und Forderungen nach Alternativen konfrontiert. In der Folge sei heute im Trassenausbau Verzögerung statt Beschleunigung die Realität, so der Präsident der Bundesnetzagentur. Kritiker unterschlügen dabei aber oft, dass sich der Ausbau der Stromnetze an der erwarteten Ausbausituation der erneuerbaren Energien in zehn oder 20 Jahren orientiere. Die heutigen Ausbaustufen mit Wind und Photovoltaik könnten daher kaum als Richtschnur für den Trassenbau vor Ort herangezogen werden.
Wenn beispielsweise die Stadtwerke München die bayerische Hauptstadt bis zum nächsten Jahrzehnt mit Hilfe von Offshore-Windkraft energieautark machen wollten, seien sie dafür in Zukunft auf leistungsfähige Übertragungsnetze in Nord-Süd-Richtung angewiesen, erläuterte Homann. Dabei könne nicht jede Region vom Trassenausbau verschont werden. Ungeachtet dessen versuche die Bundesnetzagentur, die Bedarfsermittlung dafür so transparent und ergebnisoffen wie möglich zu gestalten und die Öffentlichkeit so früh wie möglich zu beteiligen. Dies dürfe jedoch nicht dazu führen, den Bedarf für den Netzausbau und die Integration der regenerativen Energien im Grundsatz in Frage zu stellen. AgE
(28.08.2014)