Mit einer Halbierung ihrer Empfehlung zur Verzehrsmenge an freiem Zucker hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) heftige Kritik von der deutschen Lebensmittelwirtschaft geerntet. Gemäß den neuen WHO-Richtlinien, die gestern in Genf vorgestellt wurden, sollten für einen gesunden Lebensstil täglich nicht mehr als 5 % der gesamten Kalorienzufuhr aus freiem Zucker stammen, der zum Beispiel in Form von Mono- und Disacchariden Lebensmitteln zugefügt wird. Bisher hatte die Empfehlung bei maximal 10 % der gesamten Kalorienzufuhr gelegen.
Die jetzt vorgenommene Halbierung des Wertes begründet die Organisation damit, dass laut wissenschaftlichen Erkenntnissen ein Anteil an freien Zuckern von weniger als 10 % der Energiezufuhr das Risiko für Übergewicht, Fettleibigkeit und Karies reduziert. Damit würde ein Beitrag dazu geleistet, die Häufigkeit nichtübertragbarer Krankheiten wie zum Beispiel Diabetes zu verringern, die weltweit zu den häufigsten Todesursachen zählten.
Für die Wirtschaftliche Vereinigung Zucker (WVZ) verkennen die neuen Vorgaben, dass weniger Zucker nicht automatisch weniger Kalorien bedeutet. Entscheidend für das Gewicht seien die Energiebilanz, die Bewegung und genetische Ursachen. Auch für die Kariesentstehung spiele Zucker nicht die Hauptrolle.
Nach Einschätzung des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) basieren die neuen Richtlinien auf veralteten Daten, Vermutungen und Unterstellungen. In der Realität gebe es keine Belege dafür, dass allein der Konsum von Zucker für Übergewicht verantwortlich sei. Auch die Schlussfolgerungen der WHO in Sachen Kariesprävention wertete der BLL als völlig unverständlich. Für die Entstehung von Karies sei nicht die aufgenommene Menge an Zucker, sondern die Häufigkeit des Verzehrs von Kohlenhydraten entscheidend. AgE
(07.03.2015)