Die Hersteller von Mineraldüngern mussten zuletzt deutliche Absatzeinbußen hinnehmen. Wie der Industrieverband Agrar (IVA) heute bei seiner Jahrespressekonferenz in Frankfurt meldete, ging der Verkauf von Stickstoffdüngern in den ersten neun Monaten des noch bis Ende Juni laufenden Düngejahres 2015/16 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 10 % auf 1,2 Mio t zurück. Im Düngejahr 2014/15 war bei Stickstoff mengenmäßig noch ein Absatzplus von 9 % verzeichnet worden.
Der Vorsitzende des IVA-Fachbereichs Pflanzenernährung, Prof. Hermann Kuhlmann, verwies auf das im März und April sehr kühle Wetter und die niedrigen Erzeugerpreise für Getreide, Milch und Schweinefleisch. Daher sei die Nachfrage der Landwirtschaft nach Stickstoffdünger in der laufenden Saison verhaltener als in den Vorjahren.
Kuhlmann hob die Bedeutung der Mineraldüngung für die Sicherung der Welternährung bei einer weiter deutlich wachsenden Weltbevölkerung hervor. Im Jahr 2050 werden rund 9,7 Milliarden Menschen auf der Erde leben. Um dann alle ausreichend ernähren zu können, muss die globale Getreideproduktion um 46 % wachsen, stellte der Fachbereichsvorsitzende fest. Da eine Ausweitung der weltweiten Anbaufläche nicht nachhaltig sei, bleibe nur eine Alternative: Auf den vorhandenen landwirtschaftlich genutzten Flächen müsse deutlich mehr geerntet werden, so Kuhlmann. Das wiederum erfordere einen höheren Einsatz von Nährstoffen für die Pflanzen in Form von Mineraldüngern.
Indirekt übte der Pflanzenernährungsexperte Kritik an der deutschen und europäischen Düngepolitik. In Europa und Nordamerika mit ihren hohen Ernten werde zunehmend gefordert, weniger zu düngen, den Pflanzenschutz zu reduzieren und auf den Ökolandbau umzustellen. Diese Forderung gehe allerdings auf Kosten auch der Länder mit Hungerproblemen, gab Kuhlmann zu bedenken. Bereits heute würden in Drittstaaten je nach Höhe der Ernten in der EU 15 Mio ha bis 30 Mio ha Nahrungsmittel für den Export nach Europa angebaut. Eine Extensivierung des Pflanzenbaus oder die Umstellung auf den Ökolandbau führe zu deutlich niedrigeren Erträgen in Europa. Dementsprechend nehme die außerhalb Europas benötigte Fläche für Importe in die EU dann zu. AgE
(20.04.2016)