Stoffstrombilanzverordnung

Taube kritisiert anhaltendes Politikversagen in der Düngung

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Ein anhaltendes Politikversagen im Bereich der Düngung kritisiert der Direktor des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung an der Universität Kiel, Prof. Friedhelm Taube. Bei der Jahrestagung des Landwirtschaftlichen Buchführungsverbandes Schleswig-Holstein am vergangenen Freitag in Neumünster warf der Wissenschaftler den Bundeslandwirtschaftsministerium vor, nach wie vor keinen Entwurf für eine Novelle der Stoffstrombilanzverordnung vorgelegt zu haben, die für fast alle Betriebe ab dem 1. Januar dieses Jahres gelte. Dies sei unverständlich, nachdem die damit befasste Arbeitsgruppe vor mehr als einem Jahr ihren Evaluierungsbericht mit Vorschlägen für eine Neufassung dem Agrarressort übergeben habe.
Taube bekräftigte in seinem Vortrag die Notwendigkeit, den Konsums und die Produktion von Nahrungsmitteln tierischer Herkunft in den kommenden Jahren in einer Größenordnung von 35 % bis 50 % zu reduzieren. Dies sei das zentrale Element für eine zügige Transformation hin zu einem nachhaltigen Ernährungssystem. Eine daraus resultierende mögliche Verdopplung des Exports von Brotgetreide sei der eigentliche Beitrag Deutschlands zur Welternährung.
Neben Anreizen für einen stärker pflanzenbasierten Konsums hält Taube auch eine Steuerung durch die Düngegesetzgebung für unabdingbar. Eine wichtige Rolle misst er dabei einer Reaktivierung der erlaubten maximalen Phosphor-Salden aus der Düngeverordnung 2017 bei. "Werden die dort hinterlegten maximal 4,3 kg/ha an Phosphorüberschuss im Rahmen der Novellierung der Stoffstrombilanzverordnung wieder reaktiviert, hat das einen erheblichen Steuerungseffekt im Sinne einer flächengebunden Tierhaltung", ist der Kieler Hochschullehrer überzeugt. Dies sei auch im Sinne einer künftig stärker grünlandbasierten Milcherzeugung unumgänglich, weil der derzeitige Trend zu höchster Einzeltierleistung vom Acker beieinem hohen Spezialisierungsgrad in der Regel Phosphorüberschüsse von 10 kg/ha und mehr verursache.
Als zentrales Instrument für eine Drosselung der Fleisch- und Milchkonsums forderte Taube neben einer Anhebung des Mehrwertsteuersatzes auf Nahrungsmittel tierischer Herkunft und die Streichung der Mehrwertsteuer auf pflanzliche Produkte eine Neudefinition des Begriffs der Selbstversorgung. Zur Begründung wies er darauf hin, dass wesentlich mehr Fleisch konsumiert werde, als dies sowohl der Gesundheit als auch der Umwelt zuträglich sei.
Der Kieler Hochschullehrer schlägt einen "Selbstversorgungsgrad normiert nach Deutscher Gesellschaft für Ernährung (SVG-DGE)" vor, der das tatsächliche Ausmaß der Überversorgung von tierischen Produkten vor dem Hintergrund des Ziels einer verantwortungsbewussten Ernährung im Rahmen der Farm-to-Fork-Strategie ausweise. "Damit würde deutlich, dass der so ermittelte SVG-DGE für Fleisch, Milchprodukte und Zucker bei weit über 200 % liegt und eine deutliche Reduktion des Angebots geboten ist." AgE/rm (17.01.2023)
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