Auf einhellige Kritik bei den Oppositionsfraktionen ist der von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner heute in Berlin offiziell vorgestellte Gesetzentwurf für ein dreistufiges staatliches Tierwohlkennzeichen gestoßen. Die agrarpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Dr. Kirsten Tackmann, wirft der Ministerin Taktieren vor. "Der Berg kreißte und gebar ein Mäuschen", kommentierte Tackmann die Vorlage. Weder verpflichtend noch mit ausreichend vorausschauenden Kriterien enttäusche das Label die ohnehin schon geringen Erwartungen. Wer aber jetzt keinen rechtsicheren Rahmen für das nächste Jahrzehnt setze, führe die Tierhaltung in eine Sackgasse, erklärte die Linke-Abgeordnete. Gesellschaftliche Akzeptanz werde verspielt. Handels- und Verarbeitungskonzerne blieben zu ihrem eigenen Wohl die Taktgeber, ohne dass kostendeckende Erzeugerpreise gesichert seien.
Tackmann erinnerte daran, dass der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik beim Bundeslandwirtschaftsministerium bereits vor vier Jahren in einem Gutachten für eine gesellschaftlich akzeptierte Tierhaltung eine staatliche Kennzeichnung gefordert habe. Klöckners Amtsvorgänger Christian Schmidt habe das konsequent blockiert. Zwar habe die Ressortchefin diese Blockade aufgegeben. "Aber wo Strategie und Weitblick gebraucht werden, taktiert sie und fährt auf Sicht", beklagte die Linke-Agrarsprecherin. Zudem "knickt die Ministerin wie bei der Ferkelkastration erneut vor der Erpressung von Verarbeitungs- und Handelskonzernen ein, die vor allem billige Rohstoffe wollen".
Von einer "puren Verschwendung von Steuergeldern" sprach der forst- und jagdpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Karlheinz Busen. Mit dem vierstufigen Haltungskompass des Lebensmittelhandels gebe es bereits eine gleichwertige Alternative zum staatlichen Tierwohllabel. Frau Klöckner komme zu spät mit ihrer Initiative. Während das staatliche Tierwohllabel 2020 auf den Markt kommen solle, könnten Verbraucher den Haltungskompass zur Orientierung längst nutzen. Und anders als die Ministerin es skizziere, könnten die Verbraucher bei der privaten Initiative auch sehen, wann mehr als die gesetzlichen Mindeststandards geleistet werde.
Der agrarpolitische Sprecher der Bundestagfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Friedrich Ostendorff, beklagte, dass es zur Finanzierung der Umstellungen auf den Betrieben nach wie vor keine konkrete Aussage gebe. Ostendorff forderte die Ministerin auf, die Kriterien nachzubessern, damit nur gekennzeichnet werde, was über dem gesetzlichen Standard liege. Außerdem erwarte er von Klöckner, dass sie die Bauern nicht mit den Investitionen alleine lasse. Wenn das staatliche Tierwohllabel gelingen solle, müsse der Umbau der Tierhaltung unterstützt werden. AgE
(06.02.2019)